Stade: Rede zur Ratssitzung am 19.6.2017 Abschaffung der „Straßenausbausatzung“
19. Juni 2017
Wolfgang Ehlers, Fraktionsvorsitzender Gruppe FDP UBLS und Piraten
Sperrfrist: Rede im Stader Rat, es gilt das gesprochene Wort.
Es geht heute um die Abschaffung der über 100 Jahre alten
Straßenausbausatzung auch in Stade. Viel ist dazu schon gesagt und
geschrieben worden, doch ich denke, es ist das Recht der vielen Bürger,
die heute extra hergekommen sind, dass ich die wichtigsten Argumente
noch einmal im Zusammenhang vortrage.
Viele von Ihnen, liebe
Ratskollegen, sitzen hier und glauben oder hoffen, Sie könnten den
Anforderungen einer neuen Zeit genügen, wenn alles beim Alten bleibt,
was sich offenkundig Stadtplaner in vergangenen Zeiten für die Lösung
damaliger Probleme überlegt haben. So funktioniert das aber nicht.
Sehen Sie sich um und nehmen Sie wahr, dass das, worüber wir heute diskutieren, in anderen Städten und Gemeinden schon längst gelaufen ist. In Buxtehude wird die STRABS übrigens gegen eine geringfügige Erhöhung der Grundsteuer abgeschafft. Selbst in Hamburg und dem hoch verschuldeten Berlin gibt es das nicht mehr. Dort und in Tostedt beispielsweise ist sie rückwirkend außer Kraft gesetzt worden. In Drochtersen, immerhin die Heimat von Kai Seefried: Keine STRABS. Das sollten unsere Vorbilder sein.
Überall wurde erkannt, dass man sich auf Dauer neuen Entwicklungen nicht entgegenstellen, sie weder leugnen, schlechtreden und sich schon gar nicht ihnen entziehen kann.
Stade ist eine attraktive und wohlhabende, eine schöne Stadt, sogar eine Hansestadt. Also etwas Besonderes. Dies ist eigentlich ein Glück für die Bürger dieser Stadt.
Pech ist nur, das wir eine SPD-Bürgermeisterin haben, die das, was man in der SPD eigentlich gemeinhin unter Gerechtigkeit verstehen sollte, nicht verinnerlicht hat.
Zusätzlich wird sie von der Verwaltung und den Wortführern der großen Fraktionen offensichtlich schlecht beraten, sonst würde das, was woanders selbstverständlich ist, auch hier ohne größere Probleme möglich sein.
Wie stellen sich die Fakten heute dar? Die Zahlen zeigen:
Der Stadt Stade geht es gut, die Einnahmen steigen überdurchschnittlich an, die Prognosen werden weit übertroffen.
So stiegen die jährlichen Einnahmen von ca.40 Mio. im Jahr 2011 auf ca.68 Mio. im Jahr 2016 an. Für das Jahr 2017 wurden bisher Einnahmen in Höhe von 80.Mio erwartet. Das ist eine Verdoppelung von 40Mio./Jahr 2011 auf 80Mio./Jahr 2017. Und jetzt kommt das Sahnehäubchen: Im letzten Jahr, also in 2016 wurde dies alles noch einmal um 11,5 Mio. Euro übertroffen!! Also noch einmal über 10 Mio. mehr als erwartet.
Millionen um Millionen – und dann ist kein Geld da für die Kompensation der Abschaffung der STRABS? Das glauben Sie doch wohl selbst nicht, wem wollen Sie das denn weismachen?
Gleichzeitig wird die Kreisumlage Jahr gesenkt.
Im Landkreis werden inzwischen Rücklagen für die Straßensanierung gebildet.
Und hier? ! Ihr Problem ist es, dass Sie sich in etwas verrannt haben und nun auf Teufel komm raus recht behalten wollen.
Es geht Ihnen in Wirklichkeit schon lange nicht mehr um die Fakten, es geht Ihnen doch nur noch darum, uns nicht recht geben zu wollen.
Das ist keine Politik, die sich an neuen finanzpolitischen Wahrheiten orientiert, sondern eine Politik der Ignoranz und des Verharrens: „Wer nichts tut begeht Machtmissbrauch“, das werfe ich Ihnen vor.
Und damit ist das Dilemma jetzt groß, denn die SPD-Ratsfraktion ist mit der starrköpfigen SPD-Bürgermeisterin gefangen und will ihr jetzt keine politische Niederlage zu bereiten. Damit läuft die Gerechtigkeitsdebatte schon in Stade ins Leere.
Oder ist es etwa gerecht, wenn 165 Anlieger, 165 Bürger, die zufällig an der Schölischer Strasse wohnen, für etwas bezahlen sollen, mit dem sie selbst nichts zu tun haben? Das ist doch die Kernfrage!!
Herr Behr hat es im Finanzausschuss richtig gesagt: Er ist heute mein Kronzeuge! „Es gilt das Verursacherprinzip. Damit sind wir seit 50 Jahren gut gefahren.“ Und genau das ist es: Dieses Beispiel zeigt es nur zu deutlich. Die vor über 100 Jahren erfundene Satzung hat sich überholt, und das nicht nur in Schölisch.
Dort fahren jeden Tag Pendler und Industrieverkehre, Landwirtschaft nicht zu vergessen, mit über 6000 PKWs und LKWs, Bussen und Treckern und zerstören die Fahrbahn.
Damit wird doch allen deutlich: Wer ist denn hier der Verursacher??
Jeder Verkehrsteilnehmer wird schon so massiv mit Verkehrssteuern belastet, dass er zu Recht erwartet, dass in einer modernen Kommune die Straßeninfrastruktur aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Verursacherprinzip heißt also eigentlich: Wer etwas zerstört oder abnutzt, kommt auch für die Reparatur auf.
Hier muss also in Wahrheit nicht das Verursacher-, sondern das Solidarprinzip gelten.
Jetzt sollen also einige Stader Grundstücksbesitzer mit Beträgen von mehreren Tausend Euro dafür geradestehen, dass die Stadt Stade in einem Anflug von Größenwahn einmal die Kreisstraße mit ihrer Baulast übernommen hat. Auch vor kurzem wurden ja noch Monsterprojekte wie ein Luxusparkhaus beschlossen, und dann haben Sie angeblich kein Geld mehr. Was ist denn das bitteschön? Sollen also unsere Stader Bürger gewissermaßen durch die Hintertür Ihr Parkhaus bezahlen? Das ist wirklich abenteuerlich!
Wenn wirklich kein Geld da ist, muss man erst einmal von bestimmten Großprojekten Abstand nehmen.
Und dann wird gesagt: „Eigentum verpflichtet“. Da frage ich: Wem gehören denn nun die Straßen? Oder es wird gesagt: „Das stellt doch eine Wertsteigerung dar“. Das ist doch geradezu zynisch und macht mich wirklich sprachlos.
Das Gegenteil ist der Fall, schauen Sie sich das doch einfach selbst einmal an, wie es vor Ort aussieht: die Häuser werden durch die Baumaßnahmen beschädigt und versinken im Staub.
Von Ihnen erwarte ich eine moderne Politik der Ehrlichkeit und der Gerechtigkeit, die sich an den aktuellen Fakten orientiert, und keine Politik von gestern.
Wir machen eine Politik, die den Bürger nicht nur im Wahlkampf und bei der Stimmabgabe ernst nimmt. Wir reden mit den Menschen und die öff. Debatte und die Demo zeigt, dass wir nicht falsch liegen, dass es sich um ein ernsthaftes Anliegen in der Bevölkerung handelt.
Die Abschaffung der Satzung wäre finanziell für die nächsten 5-10 Jahre sogar ohne eine Kompensation durch eine Erhöhung der Grundsteuer abgesichert. Aber wir haben Ihnen in unserem Antrag ja extra eine Brücke gebaut und würden auch das mittragen.
Es gibt auch andere Möglichkeiten, wenn man denn wirklich wollte: Man könnte z.B. eine Rücklage aus dem Gewinn 2016 bilden und daraus jährlich 1Mio für den Straßenbau entnehmen.
Aber das wollen Sie in Wirklichkeit ja gar nicht. Sie wollen ja aus Prinzip dagegen sein. Daher erspare ich es mir auch, einen weiteren Antrag dazu zu schreiben.
Inzwischen könnte es sogar noch so weit kommen, dass ich mir Herrn Hemke in den Rat zurück wünsche. Zumindest sein Lesebrief sollte Ihnen zu denken geben, Frau Bürgermeisterin. Schließlich war er lange genug in Rat, um zu wissen, wovon er redet.
Zum Schluss noch ein Zitat aus dem Rundblick:: In Bad Münder ist die FDP bei der letzten Kommunalwahl mit über 30% stärkste Fraktion vor SPD und CDU geworden…
Ich denke, es werden sich auch viele Stader Bürger bei den kommenden Wahlen erinnern. Wir werden auf jeden Fall nicht locker lassen. Wir wollen, dass die STRABS abgeschafft wird